7. Tourwoche: von Köln bis Saarbrücken (27.10 – 2.11.2010)

27.10: von Köln bis Bonn (35 km) – bei Nebel und Nieselregen

Höhepunkte: die Radwege durch die schönen Naturschutzgebiete in den Rheinschleifen; über Kilometer hinweg gleichauf mit den schwer beladenen Frachtern Rhein-aufwärts zu fahren

Begegnungen: bei Kälte und Regen, da war nicht so viel mit Begegnungen

  • kurzer Stop beim Bäcker um etwas Wärme und Energie zu tanken, aber aus der Bäckersfrau war nicht viel herauszubekommen, denn sie arbeitet erst so kurz da und wohnt auch woanders;
  • Mittagessen gab es in anregender Multikulti-Atmosphäre in der Kantine der Deutschen Welle – es blieb aber auch beim Mittagessen, weil für ein Interview reicht das Interesse der DW-Planer an dem Projekt nicht (Schade und mir fast unerklärlich!);
  • weiter zu einem sehr anregenden Gespräch bei der Stiftung Mitarbeit, die bürgerschaftliches Engagement fördern … „weiter so“

Couchsurfing: wie am Vorabend – siehe 26.10

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28.10: vom Poppelsdorfer Schloss bis zum Juridicum – einfach nur Bonn (ca. 10 km) – bei angenehmen Spätsommertemperaturen und meist Sonnenschein

Höhepunkte: Bonn bei Sonnenschein macht Spaß; nach der Fahrt durch Mecklenburg-Vorpommern weiß man die vielen jungen Menschen und Studentenscharen richtig zu schätzen

Begegnungen:

  • ich hatte die Ehre, am Leibniz Institut für Sozialwissenschaften einen Gastvortrag über das Projekt zu halten und fachlich mit den IT-Checkern, die Probleme der Sozialwissenschaften zu Datenvisualisierung und E-Partizipation in Web-Lösungen umsetzen, zu reflektieren;
  • am Wasser spazierend traf ich zwei Jungs, von denen der eine am Flughafen arbeitet und seit fünf Jahren durch Zeitarbeitsfirmen beschäftigt wird – er wünscht sich nichts sehnlicher als endlich eine Festanstellung zu haben und es sich leisten zu können von zuhause auszuziehen;
  • ein Stück weiter, am Schlosspark, traf ich einen Geologen und eine Juristin mit den coolsten Klaprädern überhaupt – auch hier wäre das Leben noch schöner, wenn man einen Job mit etwas Planungssicherheit hätte.

Couchsurfing: haha, und da sag nochmal einer, dass sich die deutschen Akademiker nicht vermehren; drei reizende junge Damen haben Sie schon und ein viertes Kind ist im Kommen; die Mutter erinnert an eine Konzernmanagerin, die in der Früh die ganze Rasselbande klar für den Tag macht, zwischendurch auch ein wenig Geld verdient und Mittags schon wieder kocht, Kids abholt, Hausaufgaben betreut und noch den Haushalt und die Finanzen schmeißt; als es Abend wird muss man noch mit einer Grazie für die nächste Prüfung üben und Geschichten vorlesen; als abends der Papi heimkam war nicht ganz klar, wer nun den anstrengenderen Tag hatte. Hut ab und vielen Danke für das ruhige Gästezimmer

29.10: von Bonn nach Koblenz (ca 75 km) – der Sonne entgegen, wie auch dem Wind

Höhepunkte: vom Wind in eine Wolke aus Herbstlaub gehüllt zu werden; in Richtung des morgendlich mit Nebelschwaden durchsetzte Siebengebirge zu fahren; und die vielen sagenumwobenen Burgen entlang des Rheins
Begegnungen
:

  • ich durfte eine große Schar Grundschulkinder zum Schulbus geleiten;
  • zum Frühstück traf ich einen Freund aus meiner Zeit beim Kakaorat für ein sehr „süßes“ Treffen;
  • ein junger Student, der für ein Rheinausflugsschiff arbeitet und jegliche Onlinedokumentation kategorisch ablehnt;
  • als ich mich bei einem Rennrad fahrenden Feuerwehrmann und Vater dreier Kinder in den Windschatten hing, bekam ich spontan die Einladung auf eine Tasse Tee und süße Stückle;
  • in Ümitz begegnete mir ein junger Mann, der an einem spannenden Projekt für Nachqualifizierung arbeitet und sich gerne wieder auf eine Partnerschaft einlassen würde, ohne nach einem halben Jahr wieder aus beruflichen Gründen den Wohnort wechseln zu müssen;
  • und als ich dachte jetzt passiert nichts mehr bis Koblenz, fuhr ein junger Australier in meinem Windschatten – letztlich fuhren wir zusammen zum Deutschen Eck … und weil ich einen offenen und spontanen Gastgeber hatte, schlief der Australier nicht wie geplant im Zelt, sondern bekam eine kleine Weinprobe bei meinem spontanen Couchsurfing-Gastgeber

Couchsurfing: und noch eine Nacht mit der lieben 5-köpfigen Familie von gestern


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30.10: von Koblenz nach Wiesbaden (94 km) – das Wetter sieht freundlich und zu zweit ist der Wind nur halb so gemein

Höhepunkte: endlich mal nicht alleine aufs Rad zu sitzen; ganz ohne Karte, einfach dem Rheinverlauf folgen – durch Schluchten, Windungen und schöne Täler, mit immer wieder fantastischen Blicken auf stolze Burgen und Schlösser; die bunt leuchtenden Herbstwälder und die süßen alten Städte

Begegnungen:

  • der australische Radler vom Vorabend fährt auch den Rhein aufwärts, so fuhren wir gemeinsam und nutzten gegenseitig unseren Windschatten; in der selben Zeit in der ich durch Deutschland fuhr, ist Ned durch Irland, Schottland, Belgien und Frankreich gefahren; faszinierend ist auch, was so ein iPhone mit ein paar Apps ausgestattet alles kann – es ist natürlich auch Telefon, primär aber GPS & Routenplaner, Computer und Blog-Schreibmaschine, Kamera und MP3-Spieler
  • ein wenig extremer als die meisten anderen Radfahrer, ist Udo, den uns kurz nach Koblenz entgegenkam; er ist schon seit 11 Jahren non-stop nur mit seinem Fahrrad und Anhänger durch Deutschland unterwegs und immer dort zuhause wo er sein Zelt aufschlägt; länger als eine Woche will er nicht an einem Ort bleiben, dann meldet sich wieder die Reiselust; und wenn die Kasse knapp wird – dann hackt er bei Bauern das Winterholz oder meldet sich beim Arbeitsamt;
  • in Bingen traf ich im Skatepark ein in Frankfurt lebendes Paar mit koreanischen Wurzeln – sie finden, dass die Immigrationsdiskussion in Deutschland von den hausgemachten Problemen ablenkt und wenn sie etwas verändern könnten, dann wäre der Service in deutschen Behörden und Gastronomie freundlicher

Couchsurfing: „darf ich dir die Hand geben?“ fragte ich, und bekam ein „ja klar, nimm sie dir einfach“ erwidert; mein Gastgeber ist von Geburt an körperlich behindert und auf den Rollstuhl angewiesen; er ist hochintelligent, witzig und hat erfolgreich sein Informatikstudium absolviert (man beachte, dass er den Computer ausschließlich mit Spracherkennung steuert); das Internet ist sein Reich, da kann er sich wie jeder Andere ganz ohne Behinderung bewegen – und so ist er politisch aktiv, Beauftragter für Behinderte und Couchsurfing-Botschafter; vielen Dank für den supernetten Abend und das Matratzenlager im Wohnzimmer für die beiden Radfahrer

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31.10: von Wiesbaden nach Darmstadt (53 km + 10 km Sightseeing) – erst leicht bewölkt, dann sehr freundlich
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Höhepunkte: nachts darf es ruhig regnen, wenn es tags wieder schön ist; zu den Weinbergen am Neroberg und von der russisch orthodoxen Kirche den Blick über Wiesbaden genießen; die süßen Stückle am Sonnenberg waren auch nicht zu verachten; über schwere Infrastruktur ging es wieder ans idyllische Rhein- und Mainufer; und die weiß abgedeckten Kohlfelder ließen mich an die verschneite Heimat denken

Begegnungen:

  • Vor dem Rathaus von Wiesbaden flaniert ein Paar und sprüht vor Begeisterung für die Stadt – „schau dich doch um, es ist super hier – wir sind seit vier Jahren hier und total glücklich“
  • Ein netter Rennradler führte mich auf dem Weg aus der Stadt raus – so ist mir das Weg finden am liebsten
  • Ganze Völkerwanderungen vollziehen sich an der Mainspitze und am Rheinufer – so ein Sonntag Nachmittag bei strahlendem Sonnenschein und warmen Temperaturen hat schon was
  • Ein Inline-Skater ersparte mir einen größeren Umweg, und dafür dass ich das Hinterrad seiner Freundin aufpumpte, haben die beiden an der Umfrage mitgemacht – er spricht gerne von Schweden und findet, dass das deutsche Bildungssystem von Schweden noch einiges lernen kann

Couchsurfing: für Halloween muss man ja fast bei amerikanischen Gastgebern nächtigen, und ich wurde nicht enttäuscht, es gab wunderbare Kürbisgerichte, schaurig leuchtende Kürbisfiguren und einen Wolf im Schafspelz; was der Freund meiner Gastgeberin besonders am Couchsurfing schätzt, sind die lokalen Couchsurfing-Meetings, bei denen immer spannende Leute zusammen kommen; gut gefeiert und angeregt diskutiert wurde in der illustren Festgesellschaft aus USA, Tschechien, Polen, Rumänien, Mecklenburg Vorpommern, Sachsen und dem Allgäu (erinnert fast an die UNO, nur Allgäuer gelten noch nicht als Nation)

01.11: von Darmstadt nach Mannheim (65 km) bei sommerlichem Novembersonnenschein

Höhepunkte: regionale Unterschiede an Allerheiligen: aus dem geschäftigen Hessen über den Rhein in die entspannte Rheinland-Pfalz; auf den Spuren von Hagen von Tronje und den Nibelungensagen von Gernsheim nach Worms; fantastische Radwege und Beschilderung; und das Fahren in die warme Novembernacht hinein und auf Mannheim zu – wie am Horizont die hell erleuchteten Industriepaläste und schmauchenden Türme in den Himmel ragen

Begegnungen:

  • Ein schon etwas älterer Herr schob gerade sein Elektrorad auf die Straße als er mich voll beladen an ihm vorbeifahren sah; seine Mundwinkel zogen sich zu einem breiten Grinsen auseinander und lachend streckt er mir einen langen Daumen entgegen; er wäre nicht der erste Senior, der in Erinnerungen schwelgend von seinen schönsten Jugenderlebnissen erzählt, als er selbst auf Tour durch Europa mit dem Rad und Zelt  war
  • In Worms traf ich eine junge Familie, die sich für Deutschland und ihre Kinder ein klareres Bekenntnis zur Bildung wünscht, mit besseren Leistungsanreizen für Lehrer, die nicht mit der Verbeamtung aufhören; interessant fand ich auch, dass ein parteiloser Unternehmer es schafft, durch seine Bürgermeisterkandidatur eine gewisse Routine aufzurütteln – so stellt seit Jahren erstmals auch die Opposition wieder einen Kandidaten

Couchsurfing: Couchsurfing Botschafter ist man um die Gemeinschaft von Couchsurfern am Ort aufzubauen – leider lassen sich einige davon abschrecken, wenn sie eine Couch suchen. Ich nicht. Ich war neugierig darauf mehr über Darmstadt als Wissenschaftsstadt zu erfahren – und wie es der Zufall so wollte gab es eine Dinnerparty, wo wir zu zwölft (davon viele IT-Experten) die Frage diskutierten, was man gerne im Land ändern würde, wenn man könnte – das Gespräch nahm sein Ende erst, als wir gehen mussten. Vielen Dank für die super Unterhaltung, CCChaotischen Anregungen und das gemütliche Gästebett.
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02.11: Mannheim – (10 km Sightseeing)

Höhepunkte: kommt

Auf in die 8te Woche: es geht weiter nach Baden Baden, Straßburg und durch den Schwarzwald an Richtung Bodensee

2.005 km + 352 km= 2.357 km total

1 Gedanke zu “7. Tourwoche: von Köln bis Saarbrücken (27.10 – 2.11.2010)

  1. Respekt, die 2000km sind also geschafft. Dann wünsch ich mal auch weiterhin gutes Wetter, nette Leute und gute Laune (und wieder einen nicht abgeschnittenen Kopf 😉 )

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