#05 Studienergebnisse: Wohlstand der Jungen und ihre Erwartungen an die berufliche Zukunft

„Früher war es besser“ sagen die Alten, „die Zukunft wird besser“ dagegen viele Junge. In diesem Beitrag geht es darum, warum die Alten Recht behalten könnten, obwohl am Arbeitsmarkt goldene Zeiten anbrechen. Der Optimismus junger Menschen bzgl. Lebensstandard nimmt dennoch mit zunehmendem Alter ab …

Es ist Donnerstagnachmittag an einem Gymnasium in Südbayern. Zusammen mit 14 Abiturienten diskutiere ich im Rahmen ihres P-Seminars über berufliche Perspektiven

#05 "La belle Epoque" - Simon Schnetzer
"die schöne Zeit", nur ein Schatten der Vergangenheit? | © 2011, Simon Schnetzer | junge Deutsche

und Zukunft. 12 von ihnen gehen davon aus, dass sie einmal mindestens den Lebensstandard ihrer Eltern haben werden. Das sind 86%, obwohl die wenigsten von ihnen wissen, was nach dem Abitur folgt oder welchen Beruf sie einschlagen wollen. Wie realistisch sind diese positiven Erwartungen junger Menschen an die Zukunft?

Die Skeptiker halten so zahlreich hohe Lebensstandards für unrealistisch, denn mit der Alterung der Gesellschaft gibt es immer weniger Beitragszahler, die für immer mehr und länger lebende Ruheständler sorgen. Der ehemalige Ministerpräsident von Sachsen, Kurt Biedenkopf, warnt in seinem Buch „Die Ausbeutung der Enkel“  vor der dramatischen Entwicklung des beitragsfinanzierten Systems der gesetzlichen Altersversorgung, das ohne eine Beschränkungen der Leistungen die aktive Generation überfordern wird. Ein jüngerer Skeptiker, Wolfgang Gründinger, sieht gar einen „Aufstand der Jungen“ aufziehen und analysiert, wie sich ein Krieg der Generationen in Deutschland vermeiden lässt.

Gleichzeitig sagt Henrik Müller vom Manager Magazin  den Deutschen goldene Zeiten am Arbeitsmarkt voraus. „Das Zeitalter des Arbeitskräfteüberschusses geht zu Ende – die Ära des großen Köpfemangels bricht an“. Bis 2025 schrumpft die Anzahl von Arbeitskräften in Deutschland um etwa 3,6 Millionen oder knapp 8%. Das wird Menschen aller Altersklassen am Arbeitsmarkt neue Chancen eröffnen und vermutlich auch Löhne wieder real steigen lassen.

Junge erwarten beruflich auch jetzt schon Verbesserung

Als wären die prognostizierten goldenen Zeiten schon da: was den Arbeitsmarkt angeht, so sind die beruflichen Erwartungen junger Menschen in Deutschland an die nächsten 12 Monate durchwegs positiv. Wer seine Arbeitssituation gut oder sehr gut einschätzt, erwartet mindestens, dass es so bleibt, oder gar noch besser wird. Nur 3% derer erwarten, dass es schlechter wird. Und wer sich aktuell beruflich „schlecht“ oder „sehr schlecht“ einstuft ist gar zu 74 bzw. 84% positiver Erwartung. Bei dieser Gruppe ist aber auch die Erwartung dass es noch schlechter wird am meisten verbreitet. Und die Erwartung „es bleibt gleich“ ist in dem Fall kein Grund zum Jubel.

#05 JD-Datenvisualisierung: berufliche Zukunft
#05 JD-Datenvisualisierung: berufliche Zukunft | © 2011, Simon Schnetzer | junge Deutsche

Der Lebensstandard meiner Eltern: Wunsch oder Realität

Eine andere Frage der Studie, die Licht auf die Wohlstandsfrage zwischen Alt und Jung wirft ist „glauben Sie daran einmal den Lebensstandard der Eltern zu erreichen, oder haben dies bereits?“ Der Bezugswert „elterlicher Lebensstandard“ ist natürlich für jeden ein anderer und somit nur individuell ein Gradmesser sozialen Auf- oder Abstiegs und sagt nichts über die Zufriedenheit aus.

In jungen Jahren sind noch fast 60% zuversichtlich, dass sie den Lebensstandard ihrer Eltern wahren werden. Doch diese Zahl nimmt im Lauf der Jahre stark ab und von den Ü30ern sind es nur noch 46%. Die Anteil junger Menschen ohne Illusionen oder finanzielle Ambitionen ist mit 17-21% recht konstant. Es ist auffallend, dass die Ungewissheit von 18 zu den über 30-jährigen von 18% auf 34% ansteigt. Wenn diese Unsicherheit Ausdruck einer generellen Wohlstandsunsicherheit darstellt, lässt sich die häufig beobachtete Entscheidung junger Menschen gegen Familie und Nachwuchs leichter nachvollziehen.

#05 JD-Datenvisualisierung "Erwartungen an den Lebensstandard"
#05 JD-Datenvisualisierung "Erwartungen an den Lebensstandard" | © 2011, Simon Schnetzer | junge Deutsche

Wird der Funke aus dem Maghreb überspringen und den Aufstand der Jungen auch in die Demokratien Europas tragen? Ich hoffe nicht, dass es erst einen Aufstand geben muss, vor Politik und Wirtschaft die Interessen künftiger Generationen zu einem wichtigen Kriterium für ihre Entscheidungen machen. Wir werden sehen, ob die eingangs erwähnten superoptimistischen Abiturienten mit ihrer Wohlstandsprognose Recht behalten werden. Doch wichtiger ist, dass Deutschland eine Vision hat, was der Generationenvertrag in Zukunft bedeutet und in welcher Form das Sozialsystem nachhaltig tragbar ist.

Nächste Woche geht es mit Erwachsenwerden weiter und anderen Einschätzungen zur Zukunft.

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Eigene Gedanken zu dem Thema? Über Kommentare oder Geschichten freue ich mich hier, im Diskussionsforum auf Facebook https://www.facebook.com/jugendstudie oder per mail an stories(at)jungedeutsche(punkt)de

Anmerkung der Redaktion: Alle Daten beziehen sich auf die Auswertung Studie „junge Deutsche – eine Fahrraddoku und Umfrage über 18-34-jährige in Deutschland“. An der Studie haben in dem Zeitraum von 15.09.2010 bis 31.01.2011 insgesamt 800 junge Menschen aus allen Regionen Deutschlands teilgenommen.

Link zu SurveyMonkey, dem webbasierten Umfrage- und Datenanalysetool
Vielen Dank SurveyMonkey für die Unterstützung und das super Tool: www.de.surveymonkey.com

Rückfragen zu den Daten oder Referentenanfragen an Simon Schnetzer: info(at)jungedeutsche(punkt)de

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"die schöne Zeit", nur ein Schatten der Vergangenheit? (schöner in größer 🙂 | © 2011, Simon Schnetzer | junge Deutsche

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